In
den Wind gesprochen (8):
Segeln
mit Schrott
Ja, ich weiß, das Thema hatten
wir schon. Oft. Und trotzdem hab ich ich wiederum zum x-ten Mal die Fragen
erhalten: "Was halten Sie vom Hybrid-Antrieb?" oder "Warum kein
Elektroantrieb für Fahrtenyachten?" Und nach wie vor, jetzt
erst recht, besteht meine Antwort aus der vielsagenden Antwort
"Nichts".
Warum ich dieses Thema erneut aufgreife?
Es muß wohl erst im SPIEGEL
stehen, damit man es glaubt. Etwas versteckt zwar, aber in einer Deutlichkeit,
wie ich es nirgendwo bis jetzt gefunden haben, in einem Artikel
über das Elektro-Auto. Mit dem vernichtenden Ergebnis , jedenfalls im
Endeffekt, dass es DAS Elektroauto in den nächsten Jahrzehnten nicht geben
wird. Höchstens als Karossen, die diese Bezeichnung de facto nicht führen
sollten, sondern allenfalls als verlogenes Werbeversprechen so heissen
werden.
Und schuld dran ist... - und
das ist dann der Moment, wo der besagte Artikel punktgenau dem Langfahrtsegler
begreiflich macht, warum er sich auch noch in den nächsten Jahrzehnten niemals
den Lebenskomfort leisten können wird, den er zu Hause gewohnt ist.
Freilich,
diese Probleme kennen zum Beispiel Ostsee- oder Mittelmeer-Segler nicht, die das Glück haben, von
Steckdose zu Steckdose in der Marina segeln zu können und so höchstens mal
einen oder zwei Tage von der (Elektro-)Nabelschnur abgeschnitten zu sein. Doch
der freie Langfahrt- oder Blauwasser-Segler sieht ja unter Umständen monatelang
keine Landstrom-Anlage, kann auch kein Elektrokabel von ausreichender Länge
hinter sich herschleppen.
Und dabei ist die Situation in
einem "Hybridauto", im zukünftigen Elektroauto, über der SPIEGEL
so fundiert schreibt, noch viel besser als es strommäßig auf einer
Yacht zugehen könnte. Denn, wenn das Auto beim Bremsen oder beim Benzinbetrieb die Möglichkeit
hat, Strom zu
erzeugen und diesen in die Batterie laden kann, verbrauchen wir unter Segel
ausschließlich den (kaum vorhandenen) Strom mit Lichtern, Kühlung, Plottern
und anderen Komfortattributen.
Als Schuldigen für die
weltweit desaströse Tatsache, dass das volltaugliche Elektro-Auto in naher Zukunft nicht sein wird,
macht der SPIEGEL einen Ausrüstungsgegenstand aus, den wir Langfahrtsegler auch
transportieren, nämlich die Batterie. Mit naher Zukunft meint der SPIEGEL
immerhin 10 oder 20 Jahre. Und da...
"... führt
kein Weg an der Batterie vorbei."
Und was meinen wir Segler? Kaum
schwadroniert mal wieder eine Werft auf den Anzeigenseiten der YACHT mit
"Elektroantrieb" - "Hybridantrieb" klingt ja noch viel
anspruchsvoller - sind all diejenigen, die ihre besten Jahre damit vertun, nach
dem idealen Fahrtenschiff zu recherchieren, aus dem Häuschen: "Was halten
Sie vom Hybridantrieb?"
Und sie sind auch noch so
blöd, und kaufen dieses Gebastel, wie man im Internet leicht ausgoogeln kann:
"Das war Scheisse..." findet man späte Einsichten. Eigentlich könnte
man da ja grinsen, wenn es da nicht gleich um Fehlinvestitionen von einigen
zigtausend Euro ginge. Schadenfreude bei solchen Beträgen? Nein; Mitleid schon!
Ein weiterer Blick in den SPIEGEL
Nummer 18/2010: "Der Benzintank soll durch
die Batterie ersetzt werden. Ausgerechnet. Ersetzt durch einen der schlechtesten
Energiespeicher überhaupt....."
Gut, bei uns ist es, anders als
bei vielen Autos, nicht der Benzintank, sondern der Dieseltank, aber auch bei
dem sind die Dimensionen ähnlich. Unbarmherzig macht das Magazin die Aussicht
auf das Elektroauto (und damit auch den elektrischen Antrieb in Yachten)
zunichte: "Die Batterie ist im
Vergleich zum Benzintank eine Katastrophe."
Wer immer noch daran glaubt,
dass moderne Marinebatterien auch nur das Geringste zur Unabhängigkeit von
fossilen Brennstoffen auf Schiffen beitragen können, dem schreibt das Hamburger
Magazin eindrucksvoll ins Stammbuch - bitte zweimal lesen: ""Die
Batterie ist nur ein
Behelf. Ein konventioneller Blei-Säure-Akku, der dem Energiegehalt von 50
Litern Benzin entspräche, würde fünf Tonnen wiegen und eine Garage
ausfüllen. Eine einzige Batterie."
Und damit hier ja keine
Missverständnisse entstehen: Darunter fallen, erst recht, auch alle Batterien,
die auf dem Marinesektor angeboten werden, mögen sie "Heavy Duty",
"Marine", "Gel" "Glasmatten" oder sonstige
Bezeichnungen tragen. Auch den anderen Batterien auf dem Markt (Lithium) wird,
zum Teil wegen der Explosionsgefahr eine vernichtende Absage erteilt.
Und weil wir Fahrtensegler ja
viel gescheiter sind als die gesamte Welt-Auto-Industrie, geben wir uns - auf
dem Papier ist es ja so leicht - den nächsten Ausweg aus dem Energieproblem auf
Fahrtenschiffen als weiteren Lösungsweg vor: "Brennstoffzelle!". Hat
irgendein Fahrtensegler schon mal eine Methan- oder Methanol-Tankselle am
Ankerplatz oder in der Marina oder irgendwo sonst gesehen? Und dabei gibt es
diese geniale Erfindung schon seit fast zwei Jahrhunderten.
 Wetten,
dass...: Auch in 30 Jahren, wie schon vor drei Jahrzehnten, wird die
Energieversorgung auf einer Langfahrtyacht aus einem Diesel-(Antriebs)-Motor
bestehen, an dem eine Lichtmaschine angeflanscht ist, welche leistungsstark
Strom erzeugt und ihn in eine schwächliche Batterie speichert, aus dem dann ein
Stromrinnsal entnommen werden kann. Freilich, die Bezeichnungen für die
Batterie wird noch viel fantasievoller sein als heute, Schließlich muss der
Schrott an die leichtgläubigen Segler ja verkauft werden können.
Ausweg aus dem Dilemma? Wenn es
der gesamten weltweiten Autoindustrie nicht gelingt, einen praxistauglichen
Stromspeicher zu erfinden, der ein wenig mehr kann als ein bisschen Licht zu
spenden oder ein paar Sekunden einen Anlasser drehen kann, dann wird kein
Batteriehersteller und schon gar nicht eine Werft in der Lage sein,
uns einen Stromspeicher zur Verfügung zu stellen, der mehr kann, als ein paar
Lampen zu erhellen. Der nette Chef(!) einer Edelwerft hat mir mal gestanden:
"Von Elektrizität verstehen wir nichts!" Macht gar nichts, denn dann
kommt die Werft erst gar nicht auf die Idee, eine Elektro-Fahrtenyacht
anzubieten. Auch wenn es kaufmännisch vielleicht Sinn machte, denn Segler
tendieren schon mal zu technischen Dummheiten.
Die Konsequenz? Wir müssen mit
dem Gelumpe zurecht kommen, was heute und noch in ein paar Jahrzehnten machbar
ist. Unser einziger Beitrag muss und kann sein: Strom sparen! Auf dieser Seite
hat es die einzige wirkliche Verbesserung in den letzten Jahren gegeben:
Transistoren (ICs) und LED-Lampen. Wer nicht umrüstet, zeigt, dass ihm diese
Probleme, auch die Umwelt, gleichgültig sind - oder, dass er sie nicht kapiert
hat.
Damit diese Problematik
jedermann sichtbar wird, empfiehlt sich ein einfacher Versuch, den jeder
mal auf seiner Yacht machen sollte:
-
Batterie per
Maschine, besser am Landstrom, hochladen, bis die Bordspannung am
Batteriecontroller bei abgeschaltetem Lader deutlich längere Zeit auf
über 13 Volt stehenbleibt (wenn die Batterie schon das nicht mehr bringt -
entsorgen!).
-
Dann einen kräftigen
Verbraucher zuschalten (Kühlschrank oder ein paar Glühbirnen, keine
LED-Lampen) und warten, bis Spannung auf 11,5 Volt abgefallen ist.
-
Die verbrauchten
Amperestunden am Batteriekontroller (gehört zur Grundausstattung einer
Langfahrtyacht) ablesen, was dann die wahrscheinlich
enttäuschende Kapazität wiedergibt, die dem Segler in der Praxis nach voll
aufgeladener Batterie zur Verfügung steht. Sie wird wenig mit der
aufgedruckten Amperezahl zu tun haben. 50 Prozent wären schon ganz schön!
Halt, es gibt ja noch eine
Möglichkeit, das Problem mit der Batterie zu umgehen: Wir erinnern uns, dass
wir ja Segler sind und deshalb gar keine Elektrizität benötigen!
Aber, das ist in den Wind
gesprochen.
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