Übergabe
von "sensiblen Gütern" von Yacht zu Yacht
erfolgreich ausprobiert von
Giovanni Scarlata
Sicher hat jeder Segelanfänger zumindest schon
mal ein Foto von einem Leinenschussgerät gesehen, mit dem früher eine
Leinenverbindung zu einem anderen Schiff oder auch nach einer Strandung zum
rettenden Ufer hergestellt wurde. Und kaum jemand hat so einen Schussapparat in
der Segelpraxis je vermißt. Trotzdem bin ich mehrmals vor dem Problem
gestanden, auf hoher See irgendeinen Gegenstand einer anderen Yacht zu
übergeben. Was in der Praxis gar nicht so einfach ist. Denn die Dünung auf
hoher See verhindert fast immer ein gemütliches Längseitsgehen, wie es
vielleicht im geschützten Hafen ohne Probleme mit Fenderhilfe durchgeführt
werden kann. Einmal war es eine Schusswaffe, die wir gesetzeskonform auf hoher
See, also in internationalen Gewässern verkauft und mit Hilfe von Bootshaken
und darangehängter Pütz einem anderen Yachty zukommen ließen, ein ander Mal
wurde nach Verlassen eines Landes die Tefon-Sim-Karte mit Restguthaben einer
anderen Yacht mit ähnlichen Hilfsmitteln zwischen stampfenden Yachten
übergeben. Kurzum: Handreichungen zwischen zwei Yachten auf offener See sind
bei weitem nicht so einfach, wie sich der Laie das vorstellt. Abgesehen
erfordert es in der Praxis recht unbequeme und zeitaufwendige Segelmanöver, um
zwei Hochseeyachten auf exakt gleiche Geschwindigkeit zu bringen, damit sie sich
gefahrlos für den Gelcot bis auf wenige Meter nähern können. Dies gilt
umsomehr, wenn die Yachten, wie nachfolgend beschrieben, nur mit einem Segler,
also einhand, besetzt sind.
Gio Scarlata, erfahrener Hochseesegler, damals
noch am Anfang seiner Segellaufbahn hat zu diesem brennenden Problem zusammen
mit einem Yachtkollegen auf einer anderen Yacht ein patente Lösung für solche
und ähnliche Probleme gefunden. Auch wenn es sich im vorliegenden Fall
aus Laiensicht nur um einen läppischen Anlass handelt. Der erfahrene
Langfahrtsegler ohne Kühlschrank an Bord und Riesenappetit auf ein kaltes Bier
sieht das aber mit anderen Augen und erheblichem Durstgefühl. Gio schreibt:
"Im übrigen war das eine ganz besondere Herausforderung in meiner
Segelkarriere. Fünfeinhalb Wochen ohne Motor, dümpeln durch den Indic!
Das Ganze passierte auf einem Törn von Seychellen nach Malediven, eigentlich. war Malaysia geplant.
Wir wollten eben als Tandem (Terry mit seiner Drifter aus Beton und ich mit meiner
Mescalito)
fahren, was den Vorteil hatte, dass man mal ordentlich schlafen konnte. Zwei Tage nach Verlassen von Viktoria ging der Wind so dramatisch zurück, dass wir uns gezwungen sahen,
unter Maschine zu fahren. Nach ca 48 Stunden bekam ich Probleme (Diesel im Ölkreislauf) und war nicht
mehr in
der Lage den Motor zu reparieren. Terry blieb natürlich immer in der Nähe.
Wir mussten also nur segeln und das bei manchmal gar keinem Wind. So dauerte die Reise statt kalkulierten
11 Tagen immerhin fünfeinhalb Wochen.
Nun. Nach einer Woche hatte ich so einen riesigen Durst auf ein Bier, dass ich Terry per VHF fragte, ob er
mir eine kalte Flasche Bier zukommen lassen möchte.
Wir beratschlagten uns kurz und fanden dann die Lösung:
Drifter (sein Boot) kommt so gut wie möglich längseits und wirft mir die Flasche rüber.
Die Flasche musste natürlich "gesichert" werden. Daher nahm er ein Handtuch und umwickelte sie damit.
Um kein Flattern zu haben noch mit Klebeband gesichert. Drifter sollte also praktisch ein Manöver fahren
(wie wenn man längsseits geht), allerdings im letzten Augenblick abdrehen und genau dann werfen. Dazu
brachte ich mein Gross so in Stellung , dass das zerbrechliche Gut ohne groß
erforderliche Zielgenauigkeit vom Dacron sanft aufgenommen werden konnte.
Also:
Phase 1 : Drifter kommt auf

Phase 2 : Drifter holt mich ein und geht in etwa 45 Grad auf Kollisonskurs

Phase 3 : Drifter dreht ab und Terry wirf in genau dem Moment Das
"sensible Gut" in mein Großsegel.
Phase 4 : ich sehe a) zu mein Boot weg von Drifter zu halten und b) zum Gross zu flitzen um die Flasche zu bergen, damit sie nicht noch irgendwie ins Wasser fällt.
Phase 5 : Party mit Zigarette und einer Flasche (kaltem!) Bier von den Seychellen

Wir haben diese Manöver im Lauf der Zeit (wir hatten ja viel Zeit und wenig Wind) wiederholt.
Nicht wegen dem Bier, aber ich hatte gelegentlich ein paar schöne Fische gefangen, die ich gar nicht allein essen konnte.
Ausserdem hatte ich warme Cola , er einen Kühlschrank ...
Später haben wir das Manöver verfeinert: Wir arbeiteten mit einem Ball, an dem ich eine Bergeschnur hatte.
Auch diesen warf ich in sein Gross und so konnte er sich dann sein Päckchen holen.
Es war jedesmal prickelnd und der Genuß groß.
Grüsse
Gio"
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