Trick-Siebzehn (157)


Dyneema als Retter in der Not, der auf keiner Langfahrtyacht fehlen darf.

Als ich vor 25 Jahren die Serie "Trick-Siebzehn" ins Leben gerufen hab, war meine Absicht, bis dato unbekannte Tricks zur Erleichterung des Segelns und des Lebens an Bord zu vermitteln. Keine angeblichen Tricks, die nur logisch und passend klingen. Es mußten vielmehr Ideen, eine Art Erfindung, sein, deren Praxistauglichkeit in der Fahrtensegel-Praxis tatsächlich festgestellt und mit Fotos nachgewiesen wurde. Die Nachfolgenden Einfälle von Skipper Reto und Angela der SHE SAN (siehe hier) erfüllen diese Voraussetzungen in idealer Weise. Sie gehören wohl zu den TOPTEN der Trick-Siebzehn-Tricks!

Anmerkung: Heute wundere ich mich, dass ich bis jetzt bei all unseren Unternehmungen ohne Dyneema ausgekommen bin. Vielleicht nur Glück gehabt - Bobby Schenk


Dyneema Reparaturen an Bord der SHE SAN

Mit drei bis vier Beaufort auf Amwindkurs liessen wir uns letzte Woche das Frühstück im Cockpit schmecken - ja, da stehen auf einem Katamaran alle Teller normal auf dem Tisch. Da tat es einen Knall und das Grosssegel rauschte runter. Segelkopf ausgerissen war die prompte Diagnose. Keine halbe Stunde später ist der Segelkopf provisorisch repariert und das Segel kann nach Bergung des Falls wieder gesetzt werden.

Wie ist das möglich? Mit unserer Chinesischen Sailrite Nähmaschinenkopie kommen wir unmöglich durch das vielfach verstärke Material an dieser Stelle des Segels. Darum hat Reto kurzerhand mit der Bohrmaschine ein paar Löcher durch die Verstärkungsbänder gebohrt, um im Anschluss ein Dyneema einzufädeln.

Zwei Tage später passiert das gleiche am Schothorn. Wir segeln weiter mit dem eingebundenen Reff und sind zuversichtlich, die Lösung der provisorischen Reparatur ist klar. Ärgerlich nur, dass uns das gleiche schon vor zwei Jahren im Indischen Ozean passierte und bei der anschliessenden Reparatur in Marmaris, wie es scheint, bei dem Material gespart wurde.

Weitere zweckmäßige, meist der Sicherheit dienende Einsatzwecke von Dyneema an Bord der SHE SAN:

1) Schothorn-Bruch

Vor der Überfahrt von Malaysien zurück ins Mittelmeer durch Indischen Ozean und das Rote Meer befürchteten wir aufgrund der Diagnose eines übereifrigen Riggers, dass an den Terminals der Diamonds etwas nicht stimmt. Reto spannte ein Dyneemaseil zur Sicherheit über die ganze Länge, welches wir später wieder für andere Zwecke zur Verfügung hatten.

2) löchriges Trampolin

Als das neue Trampolin nach weniger wie 2 Jahren den Geist aufgab bzw. die ersten Löcher zeigte, ersetzen wir es durch ein Dyneema Fischernetz, für das wir nur ein Drittel so viel bezahlten wie für ein Ersatztrampolin vom Schiffsausrüster.



3) Hahnepot zerlegt sich

Der Hahnepot ist uns in einer heftigen Böe in Thailand gerissen, danach hat die Kette schwer am Rumpf gescheuert, den wir kurz zuvor frisch mit Anitfouling versehen hatten. Der jetzige Hahnepot ist ein zierliches Dyneema Seil mit 8 mm Durchmesser und hat damit eine Bruchlast von 5,3 Tonnen. Das entspricht in etwa einer 20 mm Polypropylenleine.

4) Rost an den Relingsdrähten

Auch die immerwährend rostenden Edelstahldrähte der Reling ersetzten wir durch Dyneema. Seitdem müssen wir weder die Drähte entrosten noch die Rostflecken vom Deck entfernen.



5) Schutz vor schlagenden Schäkel

Die Sicherung von Blöcken am Baum und an Deck sowie die Verbindung vom Segelhals und dem Lümmel haben wir im Laufe der Zeit mit Dyneema Tauwerkschäkeln gemacht. Letzteres war ein wertvoller Tip des Neuseeländischen Riggers, ein America's Cup Veteran, um eine dauernde mechanische Belastung mit einem Schäkel am Lümmelbeschlag zu vermeiden.

6) zusätzlicher Ankerschutz

Ein weiterer grosser Tauwerkschäkel sichert den Anker zusätzlich ab, falls an einem der Edelstahlschäkel ein Problem auftreten sollte.

7) Tauwerkschäkel

Tauwerkschäkel sind sehr praktisch und leicht selber herzustellen. Wir haben unzählige in diversen Grössen und Stärken. Die Tauwerkschäkel müssen zwar regelmässig auf Abnutzung kontrolliert werden, haben aber den Vorteil, dass sie selbst nichts anderes "durchscheuern".

8) Stahlwanten-Ersatz

Selbst bei Katamaranen haben wir schon Wanten und Stagen aus Dyneema gesehen und werden unser nächstes Rigg wahrscheinlich damit ausstatten.

Vor- und Nachteile von Dyneema:

Vorteile:

- Gleiche Bruchlast wie ein Drahtseil vom gleichen Durchmesser
- Sehr einfach spleissbar
- Schwimmt
- Öl und chemikalienresistent
- Sehr resistent gegen Durchscheuern
- kaum Reck

Nachteile:

- Teuer im Vergleich zu normalem Tauwerk
- Bruchlast reduziert sich über 5-8 Jahre um ca. 50% (deshalb immer einen Durchmesser grösser als nötig wählen)


Info: Angela und Reto sind vom 2015 bis 2022 mit ihrem Katamaran SHE SAN um die Welt gesegelt und helfen nun angehenden Blauwasserseglern, ihre Projekte zu realisieren, unter anderem durch die Weitergabe von Praxiserfahrung an Bord der SHE SAN.

Mehr Infos unter ihrer Webseite: > https://blauwassersegeln.eu/ oder über catamaranshesan(at)gmail.com



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