YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Frage von Matthias Müller

Guten Tag Matthias,

man kann. Aber ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Es sind auch keine aufsehenerregenden Rekorde mehr aufzustellen - alles schon mal da gewesen!

Kap Hoorn ist zurecht berüchtigt als Symbol für schlechtes Wetter, Stürme, Seetragödien und schließlich für weltweiten Handelsverkehr mit Windkraft. Unzählige Stories ranken sich um diesen Felsen, der ungefähr auf 56 Grad Süd liegt und den Atlantik vom Pazifik trennt. Aus dieser geographischen Lage ergibt sich schon, dass Kap Hoorn weit in der Zone der berüchtigten "brüllenden Vierziger" liegt. Und damit gleichzeitig Garantie für schlechtes Wetter ist. Statistisch gesehen.

Was eigentlich immer wieder in den zahlreichen Publikationen zu diesem legendären Felsen in der Brandung verkannt wird, ist die Tatsache, dass das Wetter am Kap Hoorn trotz der hohen Sturmhäufigkeit von nahezu 20 Prozent durchaus "schön" sein kann, ja, dass Flauten dort an der Tagesordnung sind. Wenige Stunden später kann dann schon wieder eines jener berüchtigten Sturmtiefs durchziehen, worauf sich die ansonsten friedliche See in eine Hölle verwandeln kann. Vor allem, wenn der Wind aus der "falschen" Richtung kommt und den Strom versucht einzubremsen, was zu einer gemein bösen steilen See führt.

Der Trick bei den zahlreichen bereits unternommenen Rekordfahrten, oder auch bei einer Kap-Hoorn-Umrundung im Segelboot im Urlaub - just for fun - , besteht einfach darin, sich sozusagen über die zahlreichen guten und sicheren Ankerbuchten in der Nähe des Kaps anzuschleichen und dann in einer Gutwetterperiode von, sagen wir mal, 10 Stunden, das Kap Hoorn schleunigst zu umrunden, bevor das nächste Tief, meist aus Westen, heranzieht.

Auf dem Kap befindet sich übrigens eine chilenische Wachstation mit ein paar Soldaten, die an diesem entlegendsten Punkt für ein paar Monate abkommandiert sind. Deren Versorgungsschiff geht an ruhigen Tagen unmittelbar "um die Ecke" vor Anker. Dort werden auch Touristen von den Event-Schiffen in kleine Beiboote verladen, um Kap Hoorn mal zu besteigen. Man sieht, nichts Ungewöhnliches sind Wetterlagen die, ein paar Meilen vom Kap entfernt, das erlauben.

Gutes Wetter abwarten also ist der Trick. Schon in den Siebziger Jahren hat die damals legendäre Rennyacht STORMVOGEL so eine Wetterlage ausgenutzt und hat Kap Hoorn umrundet, worauf die Crew auf der anderen Seite ein Bad nahm, bevor sie schleunigst, nochmals ums Kap, zurückgesegelt ist. Kap Hoorn in beiden Richtungen in wenigen Stunden also!

Es war auch in diesen Zeiten, als ein Engländer als erster mit dem Kajak Kap Hoorn auf gleiche Weise umrundet hat. Als erster? Da bin ich mir nicht so ganz sicher. Denn die Ureinwohner, die feuerländischen Indianer, sind tagaus tagein mit ihren Kayaks durch diese Gewässer gewandert und es ist sehr wahrscheinlich, dass sie auch mal nachgesehen haben, was auf der "anderen Seite" los. Und ziemlich sicher bin ich mir, dass da schon mal ein Schlauchbootfahrer so eine Umrundung verbracht hat. Nicht weiter aufregend, wenn man genügend Geduld und Zeit hat, auf gutes Wetter zu warten.

In der Literatur wird häufig die Frage diskutiert - so wie sich Bergsteiger über die verschiedenen Routen zum Gipfel unterhalten - , was denn nun schwieriger sei, Kap Hoorn von Ost nach West oder umgekehrt? In der Frage liegt schon der entscheidende Fehler. Wie die STORMVOGEL bewiesen hat, dürfte es aufs Gleiche hinauslaufen. Aber. Es ist ein riesiger Unterschied, in welche Richtung es passiert wird, wenn, und das ist das Entscheidende, das Schiff aus den Weiten des Ozeans kommt. Dann kann es sich nämlich nicht bei aufkommenden Sturm in einer kleinen Ankerbucht verkriechen.

Als die legendäre Bounty unter Captain Bligh in die Südsee vom Atlantik aus wollte, galt es Kap Hoorn von Ost nach West zu umrunden. Für die damaligen Segelschiffe mit ihren schlechten Amwind-Eigenschaften ein fast aussichtsloses Unterfangen. Und tatsächlich hat Bligh nach Monaten(!) diesen Versuch abgebrochen und ist anschließend ums Kap der Guten Hoffnung in den Indischen und dann erst in den Pazifischen Ozean gesegelt.

Auch bei der korrekten Definition eines "Kap Horniers" wird berücksichtigt, auf welchen Weg das Schiff ums Kap Hoorn geht. Neben anderen Voraussetzungen (er muss Kommandant eines Segel-Handelschiffes sein) ist ein Kap Hornier nur der, der Kap Hoorn rundet, und zwar vom 50sten Breitengrad bis zum 50sten Breitengrad - ohne Stopp.

Mast- und Schotbruch - Bobby Schenk

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