Ecker-Cup - 1000 Meilen Fahrtensegeln unter Regattabedingungen


Zum zehnten Mal wird heuer das 1000-Meilen-Race, im Yacht-Jargon der Fahrtensegler nach dem Veranstalter Eckeryachting als „Ecker-Race“ bezeichnet, ausgetragen. Als reine Fahrtensegler-Regatta ist dieses Rennen, das sich über zwei Wochen quer durchs Mittelmeer hinzieht, deshalb einmalig, weil es von Spitzenseglern nicht dazu missbraucht werden kann, reines Sponsorensegeln zu präsentieren. Jeder Teilnehmer hat die gleichen Chancen. High-Tech-Segel, wie Radialspinnaker sind verboten, Rennziegen aus Carbon und Mylar werden erst gar nicht zugelassen. Charterboote gleich welcher Firmen oder Privatyachten können teilnehmen. Und siegen, wie die Vergangenheit zeigt. Als Segelvolksfest mit sportlichem Hintergrund hat sich der Ecker-Cup nunmehr seit 15 Jahren manifestiert.

   Feier mit vielen Siegern beim Ecker-Cup

  Sturm

  zweiter Start in Griechenland - 500 Meilen unter blauem Himmel?

   Halbzeit

  Mittwoch, der 22.10.03 - Seglervolksfest in Zadar

  Das Siegerfet in Orhanyie

Es war eine glanzvolle Siegesfeier vor dem mächtigen Bugspriet der Khersones, der mit vierzig Kadetten und dem Kapitän "geschmückt" war und manchem liefen die Tränen herunter, als fast 700 Zuschauer und Sportler stehend die österreichische Nationalhymne hörten.

Gespielt wurde sie für die Cup-Gewinner, die JONATHAN BLUE mit ihrem Skipper Hubert Mayer.

  Sturm aus heiterem Himmel

Bedenken, dass Kapitän Sukhina sein Drei-Mast-Vollschiff zu wenig segeln würde, erwiesen sich bald als gegenstandslos. Unmittelbar nach dem Start setzte die KHERSONES sämtliche Segel und bot den zahlreichen Fotografen einen wahrhaft majestätischen Anblick - mit Seltenheitswert. Denn fast noch nie im Leben dieses Drei-Mast-Vollschiffs stimmten Licht, Himmel, Kursrichtung und die Möglichkeit, von anderen Schiffen zu fotografieren so ideal zusammen. Über die Dimensionen einer solchen Königin unter Segel wird man sich erst klar, wenn man bedenkt, dass rund hundert Mann Besatzung zusammenarbeiten müssen, um solche Fotos zustande zu bringen.

Einen Tag vorher hatte der Kapitän noch gezögert, seine Toppsegel einzusetzen, hatten sie doch nach 14 Jahren Dienst ihr natürliches Lebensalter längst überschritten. Und eine neue Segelgarderobe würde soviel kosten, dass der Etat für das Schiff bei weitem überzogen würde. Immer wieder das liebe Geld! Zum Vergleich: 24 Millionen Mark waren für Reparaturen der wesentlich kleineren Gorch Fock ausgegeben worden, davon könnte die KHERSONES  jahrzehntelang existieren. Aber ihr stehen halt keine Steuergelder zur Verfügung, sie muss sich selbst erhalten, zum Beispiel als  Begleitschiff zum Ecker-Cup.

Noch lange nach dem Start unter Bilderbuchhimmel standen die Segel der KHERSONES und ihre Gäste genossen ein Segelvergnügen, wie es die meisten von uns nie mehr erleben würden. Ozeanüberquerungen, Kap-Hoorn-Umrundung - alles gut und schön, aber mit einem Vollmastschiff durch das blaue Meer zu pflügen, während die Speedometernadel ständig(!) knapp unter der 15-Knotenmarke pendelt, das ist Segeln in seiner reinsten Form.

Und erst die Bedienung der Segel! Das Maß für Seemannschaft wird hier praktiziert. Ohne Winschen, ohne Klemmen, nur mit den flinken Händen der 16 bis 18-jährigen Kadetten... Das Regattafeld konnte bei diesen Geschwindigkeiten nicht mehr ganz mithalten und fiel langsam zurück. Wie beabsichtigt, denn schließlich hatte das Begleitschiff mit dem Tross der Serviceleute für die Regattasegler als erstes  am Ziel in der Türkei zu sein. Der Wind war günstig hierfür, Kapitän Sukhina konnte so wieder ein paar hundert Kilo Treibstoff sparen. Sechs Bft, vielleicht in den Böen sieben waren angesagt. Und die Windrichtung passte ebenfalls. Veranstalter Kurt Ecker strahlte (noch): "Genau das richtige Wetter für unsere Regattateilnehmer!"

Dann flog auf der KHERSONES das erste Segel mit einem müden Stöhnen weg. Die Kadetten bargen die Reste. Die Meldungen aus dem Regattafeld wurden spärlicher. Die Yacht Chris-Tina wollte einen griechischen Hafen einlaufen, Probleme mit der Besegelung waren der Grund. Und vor allem ein Bandscheibenvorfall des Skippers. Ein Albtraum...

Der Wetterbericht kündigte ständige "sieben" an. Kapitän Sukhina: "For the racers it is Shit..." Nein, kein Problem für unsere Segler, vor allem die österreichischen Segler sind beinhart.

Drahtseil-Strecktaue wurden an Deck gespannt. Manuela Decker, Verbindungs-Offizier aus Bayern mit besten russischen Sprachkenntnissen war jetzt häufiger per Lautsprecher übers ganze Schiff zu hören: "Eine Bitte an die Trainees: Alle Luken schließen, in den Kajüten darauf achten, dass nichts herumfliegt."

Vom Regattafeld kamen nur noch spärliche Meldungen. Alois Sulzer mit seinem ORF-Kamerateam war mit dem Privilege 465er EMOTION vorausgefahren und hattre sich hinter eine Insel verzogen, um "a Jausn zu machen" und in Ruhe auf das Feld zu warten. Gerüchteweise drangen über Handys (die sich als erheblich wirkungsvoller erwiesen als der übliche UKW-Verkehr, obwohl die Regattaleitung "ihre" Antenne in 50 Meter Höhe hatte) weitere Meldungen über Materialschäden durch.

Dienstag abend meldete sich Manuela wider zu Wort: "Achtung Trainees: Wir haben jetzt 8 Windstärken - an der Grenze zu neun. Es herrscht absolutes Deckverbot. Aus Sicherheitsgründen darf sich niemand mehr an Deck aufhalten!"

Ein weiteres Segel der KHERSONES flog aus den Lieken. Die Verschlüsse der Sicherheitsgurte der Kadetten klirrten, als sie durch die Gänge liefen, um nochmals aufzuentern. Schließlich mussten sie Segelreste geborgen werden. Zu viel Windwiderstand!

Das Vollschiff torkelte durch die aufgewühlte Ägeis, rollte schwer. Die Bar leerte sich.

Nur noch wenige Meldungen vom Regattafeld kamen durch. Schlechte:

Die Hanna, eine Bavaria 47,  ist entmastet. Pauli Hafner, legendärer Wirt vom Hafnerkeller nahm das nicht gelassen, schließlich ist er der Eigner der Hanna: "Immer ich, warum nur immer ich?" 

Schließlich waren seine Schiffe beim Ecker-Cup schon mehrmals Opfer von unverschuldeten Havarien  geworden.

Nach dem Abflauen des Sturms herrscht derzeit (29.10.03 - 10 Uhr OZ) immer noch nagende Ungewissheit: Pearl Island liegt bei Pythion und meldet: "Alle Instrumente ausgefallen..."

Die Valentine liegt vor Kreta mit einem kaputten Traveller und die Mariposa befindet sich nördlich von Khania-Kreta.

Immerhin: Der Wind hat nachgelassen. Die grüne Türkei grüßt schon aus der Ferne

  Halbzeit: Auf fast allen Schiffen Lebensfreude

Schade, zwei Yachten werden nicht mehr weitersegeln. Die Cita wegen defekter Ruderhydraulik und eine andere Yacht, wegen "unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten" mit dem Skipper.  

Ansonsten verregnete der Wettergott beim Zwischenaufenthalt in Preveza nur einen Tag, was die Lebensfreude niergendwo trüben konnte. Der Rückblick auf die erste Etappe war ansonsten nur positiv: 

Wolfgang Leininger von der AIDA notierte:

"Die Regatta   lockte an die 1000 Menschen, Teilnehmer,  Betreuer und Mitarbeiter des Veranstalters in die kroatische Stadt. Je näher der Start rückte, um so nervöser wurden die Skipper. Da wurde kein Detail dem Zufall überlassen und war es noch so klein. Unter Deck wurde gerechnet, getüftelt und die feinsten taktischen Tricks aus den Ärmeln gezaubert. Dass nicht immer alles planbar ist, zeigte bald die Realität. Oft wurde der vielgelästerte Motor zur letzten Instanz in endlos scheinenden Windpausen und machte durch überzogene Motorminuten manchen (Skipper)Traum zunichte. Andere Mannschaften hatten technische Probleme, die stürmische See, viel Regen und der Stress auf engstem Raum setzten auch dem Klima mancher Crew zu. Nass und unfreundlich ging die Woche zu Ende, erst in Prevezza schien die Sonne und verbesserte die Laune der durchnässten Segler.

Nach fünf Tagen liefen die ersten Yachten in Prevezza, der ersten Regattaetappe ein. Bei  Bier und Leberkäse auf dem ukrainischen Schulschiff „Khersones“ kam schnell Stimmung auf. Aber auch hier wieder das selbe Bild: Die Bootsführer  rechneten und stellten allesamt fest, dass alles bestens gelaufen ist. Jeder dachte  noch an Chancen auf den Gesamtsieg. Über das vorläufige Zwischenergebnis gab sich die Rennleitung allerdings bedeckt, was die Spekulationen zu ungeahnten Höhen trieb."  

Und Paul Demeter, Wachführer auf der SY Prggino berichtet:

"Dank der langen Startlinie gelingt uns am nächsten Tag ein recht guter Stat. Trotz Mahnung der Regattaleitung wird gesegelt als ob das Ziel nur ein par Stunden entfernt liegt. Die unmittelbare Nähe der Schiffe stachelt den Ehrgeiz an.

Mit achterlichem Wind geht es ab zum Insel der Entscheidung. Rivanj oder Sestrunj das ist die Frage. Der Großteil entscheidet sich für den kleinen Umweg zur italienischen Küste um dann freiein Seeraum für die Nacht zu haben. Wird sich das Lohnen? Wir fahren durch die südlichen Kornaten. Auf diese navigatorische Herausforderung haben wir uns gründlich vorbereitet. Entlang der Küsten von Uglijan matchen wir uns mit vier weiteren Yachten. In der Nacht zieht sich das Feld jedoch immer weiter auseinander. Auf der Kreuz trennt sich der Spreu vom Weizen. Nach zwei Tagen Kreuzen gegen den  teilweise abflauenden Südwind ist unter Deck schon einiges Durcheinander. Heute gibt es Steak mit Zwiebelkartoffel. Bei dieser Schräglage eine Herausforderung für die Küche. Das gute Essen hebt jedoch die Moral der Crew. Das ist auch notwendig, der Süden hat noch einige Überraschungen für und über. In der Nacht geht es zwischen den Leuchtfeuern hinaus aus den Kornaten. Für die Nacht hat sich wieder die Bora durchgesetzt und es geht mit 7-8 Knoten Rauschefahrt gegen Süden. Am Morgen ist der Traum vorbei und wir dümpeln vor Vis einen Tag in der Flaute. Der einzige Trost, zwei weitere Schiffe liegen in Sichtweite. Eine Diskussion um den Einsatz des Motors wird kurz aber Heftig geführt. Diesmal siegt die Seglerfraktion. Die geringe Geschwindigkeit zehrt jedoch an den Nerven. Alle denken, dass die übrigen Teilnehmer entlang der italienischen Küsten ungehindert weiter nach Süden ziehen. 

Nach unserer Vorstellung sollten wir Korfu gleich erreichen. Da unten sind wird ja blad ums Eck. Tatsächlich rückt dieser markante Eckpunkt in unerreichbare Ferne. Der Wind voll Gegenan beginnt die Diskussion welcher Bug der bessere ist. Ich fahre derzeit gerade Kurs 100 Richtung Albanien. Das bringt uns Korfu doch nichts nächster! Wende! Nach drei Stunden am andern Bug rechnet uns unser kleiner Kopernikus vor, dass wir um keine Seemeile unserem Ziel näher gekommen sind. Der einzige Trost ist, dass wir Funkmeldungen von anderen Regattateilnehmern empfangen. Offenbar sind wir auf einen Teil der Italienfraktion gestoßen. Dass wir nicht ganz alleine sind tröstet etwas. 

Der Tag vergeht mit Aufkreuzen die Nacht mit Regen, Dünung und Flaute. Der Morgen graut im wahrsten Sinn des Wortes. Unter Deck ist alles Nass. Einzelne Mitsegler behaupten bereits Schwimmflossen zu bekommen! Der Durcheinander ist nicht zu beschreiben. Heute gibt es Reisfleisch, scharf gewürzt. Mit beruhigten Magennerven lässt sich besser auf den nächsten Wind warten. Und der kommt, leider aus der falschen Richtung: SW! Das bedeutet wieder kreuzen. Wir sind zwar vorgewarnt, die Heftigkeit des Windes überrascht uns dennoch. Mit über 30 Knoten haben wir nicht gerechnet. In der Nacht muss ein weiteres Reff eingebunden werden. Mit stark reduziertem Tuch geht es durch die Nacht. Am Nächsten Morgen wieder Kreuzkurs, als ob uns die Adria nicht auslassen wollte. Der nächste Morgen sollte und jedoch das Nordkap von Korfu bescheren. Im Logbuch sind wir längst am letzen vorgedruckten Tag angelangt. Es werden schon Berechnungen angestellt, ob wir das Zeitlimit überhaupt schaffen. Wir sind offen bar am Ende des Feldes und haben die widrigsten Bedingen aller Teilnehmer. Zusätzlich müssen wir alle par Stunden die Maschine zum Laden der Batterien laufen lassen. Die schlafenden Crewmitglieder bedanken sich dafür. Die Bordbatterien sind jedoch kurz vor dem Zusammenbruch und die Ruhestörung nicht zu vermeiden.

Zu unserer Überraschung erblicken wir mit Korfu auch andere Regattateilnehmer. Eine Perlenkette von 6 Booten zieht sich der Insel entlang dem Ziel entgegen. Die aufreibenste Prüfung steht uns noch bevor. Stundenlange Flaute am Südzipfel von Korfu. Das GPS ist ausgefallen. Der kleine Kopernikus findet keine ausreichend starken Sender. Einige Zeit später hat er sich wieder erfangen. Dann kommt die nächste Meldung vom Navigator: Ihr Wahnsinnigen da oben, wo fahrt ihr hin! Ein heftiger Streit entsteht, weil der Rudergänger steif und fest behauptet zwischen Korfu und Paxos durchzusteuern und der GPS Kurs direkt auf das Land zuweist. Offenbar wegen der geringen Geschwindigkeit ist der kleine Kopernikus etwas verwirrt und die Technikgläubigkeit des Navigators bekommt einen Knacks. 

Wiedereinmal ist warten auf den Wind angesagt. Das Groß mach in der Dünung jedes Mal einen Knall wie ein ungarischer Viehhirte mit seiner Peitsche. Von den dümpelden Yachten motort der Großteil davon. Ihre Lichter verlieren sich in der Dunkelheit. Es ist wie waren auf Godot, jedoch Godot kommt nicht. Erst kurz vor Mitternacht beginnt der prognostizierte NW. Mit entsprechender Rauschefahrt geht es Richtung Prevzza. Wir segeln direkt in den Sonnenaufgang. Dank der genauen Navigation treffen wir direkt die Einfahrt. Vor der Ziellinie matchen wir und noch mit einem Mitbewerber und verlieren nur um Sekunden. Nach einer Woche segeln zwei Yachten nur um Meter getrennt durchs Ziel. Leider sind fast alle anderen schon da. Da wir jedoch keine Motorstrafstunden haben, hoffen wird auf eine gute Ausgangsposition für die zweite Etappe."

 

zu den Zwischenergebnissen nach der ersten Etappe

  Halbzeit: Graues Mittelmeer - Wind und Regen begünstigen die Favoriten

Nach dem ersten hektischen Tag kehrte Ruhe auf der KHERSONES ein. Das Regattafeld zog sich - erwartungsgemäß schnell auseinander und langsam wurde es so auch am Funk ruhiger. Zwar hatte die Regattaleitung auf dem 50 Meter hohen Hauptmast des Rahseglers die VHF-Antenne montiert - schließlich ist die Reichweite von UKW nicht von der Sendeleistung, sondern in erster Linie von der Antennenhöhe abhängig - doch die Positionsmeldungen wurden immer dürftiger. Beim täglichen Roll-Call meldeten sich immer weniger Yachten, obwohl Kapitän Sukhina Segel weggenommen hatte -  die Toppsegel wurden erst gar nicht gefahren, um näher beim Feld bleiben zu können. Ein naheliegender Verdacht erklärte das ausgedünnte Äthergebrabbel: Die meisten Regattateilnehmer wollten sich nicht in die Karten schauen lassen, und so hatte man eben unüberbrückbare Schwierigkeiten, die Regattaleitung aufnehmen zu können?!

Trotzdem sickerte durch: Zarko Juraga auf der kroatischen Tankerkomerc, dem einzigen Teilnehmer an allen zehn Ecker-Cups, lag weit vor dem Feld. Wohl niemand auf dem Begleitschiff würde Skipper "Paganini" den Gewinn des Cups missgönnen, war doch der bisher unerreichbare Cup sichtlich fast schon sein Lebensinhalt geworden.

Doch, es sollte anders kommen. Der Wind drehte am Abend des zweiten Tages. Die KHERSONES musste die Maschine einschalten, um den Kurs zum Ziel einhalten zu können und um so den geplanten Zwischenstopp in Prevezza (Griechenland) entsprechend ihrer Aufgabe als Begleitschiff vor allen Regattateilnehmern zu erreichen. Derweil suchten die meisten Yachten die Nähe Siziliens, um dort günstigere Winde zu finden. Mitfavorit Jonathan Blue hatte dabei etwas mehr Glück als die Tankerkomerc, die plötzlich das Großsegel nicht mehr bergen konnte. Vielleicht war da schon der Traum Paganinis vom Ecker-Cup ausgeträumt. In Brindisi sollte die notwendige Reparatur durchgeführt werden. Dann kam das Segel wieder in die Gänge und man konnte sich den Nothafen sparen. Aber - runde 5 Stunden waren verloren. Unwiederbringlich...

Die KHERSONES erreichte am Donnerstag bei Regen Prevezza. Ein Tölpel von Schlepperkapitän rammte den Stahlrumpf der KHERSONES derart, dass man fast aus dem Bett flog, während der ansonsten sehr beherrschte Kapitän Sukhina doch sehr lautstark wurde. Sowas steckt man eben nicht so locker weg, wenn man ein derart herrliches Schiff seit 10 Jahren kommandiert.

Die Ziellinie wurde ausgelegt und das Warten begann. Als Pauli Hafner, allseits berühmter Wirt aus Ried, den mitgebrachten Ofen für den eingeschmuggelten Leberkäse anheizte, wusste man: Die ersten Yachten waren nicht mehr weit.

Leberkäs mit Bier am Zwischenziel für die Segler war schon immer eine Tradition. Nicht leicht aber fiel es, ausreichend Vorräte für die Racer aufzuheben. Denn Pauli konnte den sehnsüchtigen Blicken der Kadetten mit ihren - bitte genau hinhören! - zwanzig Euro Monatsgehalt nicht widerstehen und öffnete vorzeitig für die Blauröcke den Ofen. Bier gab es für sie allerdings keines. Nicht nur, weil für die sechzehn bis achtzehnjährigen Kadetten striktes Alkoholverbot bestand, sondern weil die griechischen "Organisatoren" fast schon erwartungsgemäß die Bestellung von 700 Litern Bier versiebt hatten. Sch...

Plötzlich schleppten ukrainische Offiziere der Khersones, fast so kurz gehalten wie die Kadetten, einige Bierfässer aus ihren wertvollen Vorräten an. "Ist Geschenk..."

Was soll man dazu sagen? Zumal sich der ukrainische Purser dann auch noch hinter den Tresen stellte, um die mitgebrachte Eckermannschaft zu unterstützen.

Dann begann das warten. Die Regattaleitung war in Wachen von drei Stunden eingeteilt und schließlich durften Sonja, Tochter von Kurt Ecker und deren Mann und Regattaarzt  Bernhard die "Zwischensieger" Jonathan Blue frühmorgens abhupen.

 

Und lange noch, der Morgen graute schon, saßen die Segler um Jonathan Mayer von der Jonathan Blue auf dem Deck der KHERSONES und ließen sich den lockeren Leberkäs aus Ried und ein Bier aus den Vorräten des ukrainischen Vollschiffes schmecken. Vielleicht auch ein zweites. Oder gar ein Drittes...

Was den Zuschauer besonders freute: Paganini, der als Zweiter trotz seines riesigen Umwegs die Ziellinie überquerte, strahlte ebenfalls, obwohl sein lebenslanger Traum vom Ecker-Cup wieder in die Ferne gerückt war. Paganini strahlte: "Es war einfach super, das Segeln da draussen...!"

 

  Seglervolksfest in Zadar

Als Kurt Ecker, Inhaber der erfolgreichsten deutschsprachigen Charteragentur, vor 15 Jahren die Idee hatte, eine Regatta nur für Fahrtensegler ins Leben zu rufen, ahnte er nicht, dass aus dem damaligen Ägyptencup eine Großveranstaltung werden würde, gar ein Volksfest für Segler.

Dementsprechend ging es zu, als sich die Besatzungen von rund 80 Hochseeyachten in der Marina in Zadar trafen, um sich und die Yachten auf die bevorstehende Hochseeregatta vorzubereiten.

 

Für den Jubiläumscup, dem zehnten, hatte sich Kurt Ecker etwas Besonderes ausgedacht. Er hatte die KHERSONES, eines der letzten Dreimast-Vollschiffe, angechartert. Sie sollte Begleitschiff und gleichzeitig Zuschauertribüne sein.

Ohne Übertreibung kann dieser Coup als kleine Sensation gewertet werden, denn Schiffe wir der unter ukrainischer Flagge fahrende Windjammer sind zum Aussterben verurteilt. Ein paar Zahlen, die belegen, dass sich ein solches Schiff unter keinen Umständen mehr rechnet, schlicht nicht mehr bezahlt werden kann. Die KHERSONES besitzt keine Winschen, Patentklemmen sind auf ihr ein Fremdwort. Um das gewaltige Rigg bedienen zu können, sind an die hundert(!) Mann Besatzung nötig. Mit 109 Metern Länge ist der Rahsegler nicht nur eines der größte Segelschiffe der Welt, sondern auch rund hundert Fuß größer als die allseits bekannte Gorch Fock.

Eigens für den Ecker-Cup wurde die KHERSONES von der Ostsee nach Zadar gesegelt, mit 80 Kadetten an Bord. Dass diese gewaltigen Kosten nicht von den wenigen zahlenden Passagieren aufgebracht werden können, schon gar nicht aus den Startgeldern der Regattateilnehmer bestritten werden, liegt eigentlich auf der Hand. Kurt Ecker wollte mit seinen Regatten schon immer etwas Besonderes bieten. Und dieses Mal ist es ihm bestens gelungen.

Der riesige Windjammer beherrschte nicht nur das Stadtbild der altehrwürdigen Universitätsstadt Zadar, sondern auch den Hafen. Zwei Schlepper waren nötig, um den Dreimaster in den nicht so kleinen Hafen zu bringen. Schon diese Umstände geben eine Idee von den immensen Kosten, die so ein Schiff verursacht: 8000 Dollar musste der Veranstalter allein für die Schlepperhilfe berappen - und zwar für jede Bewegung. Und dabei ist es recht knapp zugegangen - zwei Stunden brauchten die Schlepper, um das Schiff zu drehen, damit es zum Start aus eigener Kraft verholen konnte, wo es Startlinie bildete.

 

Hatte früh am Morgen nur ein leises Lüftchen geweht, briste es bis 30 Knoten zum Start auf. Interessant: Die erfahreneren unter den 80 Skippern hatten in weiser Voraussicht eine Menge Tuch weggenommen, stark gerefft, während die Ehrgeizigen mit nicht soviel Meilen auf dem Buckel zwar eine tolle Schräglage hatten, jedoch auch nicht schneller waren. Im Gegenteil, wie sich alsbald herausstellen sollte. Denn als der erfahrene Regattaleiter Legenstein die Regatta in zwei Gruppen startete, da waren genau diejenigen ziemlich schnell an der Spitze, die augenscheinlich wenig Tuch gesetzt hatten.

Für vier Yachten war das Race zunächst einmal schnell zu Ende, als die zum Teil neuen Segel dem Starkwind schon auf den ersten Metern zum Opfer fielen und die Yachten umkehren mussten, wo sich sofort ein Segelmacher um sie kümmerte.

Das übrige Feld marschierte davon. Runde 500 Meilen lag vor ihm, der nächste Zwischenstopp sollte Prevezza in Griechenland sein. Die KHERSONES dampfte zunächst mal nach Norden, denn auf Grund ihrer Größe durfte sie den direkten Weg in die offene Adria nicht nehmen, musste einen Umweg von 30 Seemeilen segeln. Ja: Segeln! Denn nach wenigen Meilen schon ließ der ukrainische Kapitän Sukhina Segel setzen.

Man ist versucht, zu übertreiben: Wer so ein Manöver noch nie erlebt hat, hat nie richtig gesegelt. Doch davon später, die Gelegenheit, das zu schildern kommt sicher noch einmal. Denn Kapitän Sukhina hat von Anfang an klargestellt, dass wann immer der Wind es zulässt, gesegelt wird: "Schließlich ist Diesel teuer und der Wind kostenlos..."

Während der Windjammer schnell und lautlos bald die 12-Knoten-Marke am Speedometer überschritt, trafen ber Funk die ersten Meldungen aus dem Feld ein: Auf der Inshallah von Klaus Czap versagte die Lichtmaschine ihren Dienst und - ernster - auf der NOBELHOBEL fiel das Ruder aus. Näheres ist noch nicht bekannt. Derzeit hat das Regattafeld rund 30 Knoten Wind, und zwar genau auf die Nase. Sportlich dürfte es also werden, beim zehnten Ecker-Cup mit Ziel in Orhanje in der Türkei.

 

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