Besucher fragen, Bobby Schenk antwortet

Hallo Frau Leimbacher,

Ihre Frage liegt ja nun schon lange zurück. Warum ich gezögert habe, Ihnen zu antworten, liegt ganz einfach daran, dass ich die Hoffnung hatte, mit der Zeit würde sich zu diesem im Internet und auch sonst vieldiskutierte Problem eine Lösung finden. Dem ist aber nicht so.

Dass die Frage "wohin mit dem Abfall auf Langfahrten mit Yachten?" erst in den letzten Jahren gehäuft aufgetaucht ist, liegt nicht daran, dass es sich hier um ein neueres Problem handeln würde, sondern daran, dass man sich früher schlicht keine Gedanken darüber gemacht hat. Abfälle flogen über die Kante. Und niemand hat sich darüber groß aufgeregt, schließlich ist das Meer ja riesengroß und kann eine enorme Menge Abfall aufnehmen, der da drin mit der Zeit verrottet, also auf Nimmerwiedersehen verschwindet.

Glaubte man. Vorbei sind die Zeiten, wo ein damals sehr bekannter deutscher Weltumsegler unwidersprochen berichten konnte, er habe ein paar vollgefüllte Dieselkanister auf dem Atlantik über Bord geschmissen, um seine (träge) "Fahrtenyacht" schneller zu machen. Sowas ließ auf eine sportliche Einstellung beim Segeln schließen.

Vorbei!

Man ist allgemein umweltbewusster, sensibler in diesen Dingen geworden, ja, man ist auch vieler Illusionen beraubt worden. Um es ganz klar zu sagen: Methoden, Abfall unterwegs ohne Schaden für die Umwelt zu entsorgen gibt es nicht. Wird es wahrscheinlich auch nie geben. Denn Plastik-Verpackungen, Gläser, Dosen, Pappe etc und was sonst im normalen Haushalt auch anfällt, zu zerkleinern, oder sonstwie verschwinden zu lassen, löst ja bei Weitem das Problem nicht. Un die gängige Praxis, die Haushalts-Überbleibsel zum nächsten Ziel zu transportieren, löst es erst recht nicht. Denn meistens ist das nächste Ziel auf Blauwasserfahrten nicht eine Stadt, wo der Abfall vielleicht noch am ehsten fachmännisch entsorgt werden kann, sondern irgend ein kleines Dorf oder gar eine kleines Inselchen, vielleicht ein Südseeparadies in den Tuamotus. Die Leute dort sind meist so liebevoll und gastfreundlich, dass man seinen von der Überfahrt mitgebrachten Abfall abgeben kann. Gewonnen ist damit aber fast immer nichts. Denn anders als in der Türkei, wo der Abfall von Spezialschiffen in den kleinen Buchten - vorbildlich - eingesammelt wird und - wahrscheinlich - einer korrekten Abfallbeseitigung zugeführt wird, erfolgt diese auf den tropischen Inseln meist durch Verbrennen, Im-Sand-Vergraben oder gar so, wie man es ja gerade vermeiden wollte, nämlich durchs Kippen ins Meer, wo Strömungen klug ausgenutzt werden, um die eigene Insel vom Abfall zu verschonen.

Keine gute Idee ist es auch, bei Ressorts,  Hotels oder Privatgrundstücken am Ufer mit dem Beiboot voll Abfall zu erscheinen, womöglich auch noch mit der Thermoskanne in der Hand, um nach Eiswürfel zu betteln, oder auch mit dem Wäschesack auf dem Rücken. Solche Unsitten haben an vielen Ankerplätzen dazu geführt, dass per Schild - "NO DINGHIES!" das Anlanden mit Beibooten generell verboten wurde - in den Anfangsjahren der Blauwassersegelei unvorstellbar!

Nein, das einzige, was man als Langfahrtsegler für die Umwelt tun kann, ist, keinen Abfall zu erzeugen. Und wo er schon mal nicht zu vermeiden ist, dann am besten an einem Platz, wo er unter Beachtung heutiger Möglichkeiten sachgerecht entsorgt werden kann. Was Besseres ist Greta nach Ihrem Segeltörn auf dem unzerstörbaren und unentsorgbaren Kunststoffrenner wahrscheinlich auch nicht eingefallen.

Abfall zu vermeiden ist, schließlich leben wir im 21. Jahrhundert, nur bis zu einem bestimmten Grad möglich. Dass Verpackungsmaterial im Shop weitgehend zurückbleibt, dass Trinkwasser in möglichst großen Plastikflaschen mitgenommen wird, ist wünschenswert, aber eben nur bis zu einem gewissen Grad praktisch möglich.

Früher hat "man", zum Beispiel der Biertrinker, sich damit beruhigt, dass das Meer Metall schon irgendwie "abbaut", denn schließlich kennen wir das Phänomen der Korrosion bei Aluminium- oder Stahlschiffen. Also werden sich die Bierdosen (früher Weißblech, heute andere Metallverbindungen) in vergleichsweise überschaubarer Zeit schon irgendwie selbst "erledigen". Ich bin mir aber da nicht mehr so sicher, seitdem ich mal auf einem viel besuchten Bojenliegeplatz rumgetaucht bin, um eine verlorenen Brille zu finden, und feststellen musste, dass der Meeresgrund mit unzähligen Bierdosen übersäht war, die schon sich seit Jahren dort angesammelt hatten und denen keineswegs die Spur von irgendwelcher Korrosion anhafteten. Wer Dosen und sonstige Verpackungen von Essensvorräten, und das wird ja der Hauptanteil von Abfall an Bord sein, vermeiden möchte, kann sich die Essensportionen schon mal vorkochen und in der Tiefkühltruhe einfrieren. Mit Qualitätsverlust des ursprünglich aus Dosen kommendem Essens ist dadurch sicher nicht zu rechnen. Ausserdem schadet es unter dem Gesichtspunkt des Energiehaushalts nicht, wenn die Tiefkühltruhe randvoll ist. Die meisten Segler werden höchstens einen Kühlschrank, keine Gefriertruhe an Bord haben, aber auch im Kühlschrank vorbereitete Nahrung vermeidet wenigstens für ein paar Tage nach Abfahrt den Abfall mit Dosen und Gläsern. Wer auch keinen Kühlschrank hat, dem sei die Methode unserer Großmütter zur Nahrungserhaltung empfohlen, nämlich das Einwecken, das zahlreiche Bordfrauen jahrelang auf Blauwasserfahrt praktizieren. So auch zum Beispiel Hanni von der TAKE BORA, die hier! beschreibt, wie das geht.

Übrigens: Biologische Abfälle, also auch die direkt vom Menschen erzeugten, können Sie, jedenfalls auf Langfahrt auf hoher See, wo es weit und breit keine Nachbarschiffe gibt, bedenkenlos über Bord geben. Wir wollen ja nicht kindisch werden!

Grüße aus Bayern!

Bobby Schenk

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