Hallo
Isabel,
das ist eine interessante Frage. Bekanntlich ist der
Fortress-Anker vor allem in den USA sehr
beliebt, insbesondere wegen seines geringen
Gewichts und seiner Staumöglichkeiten. Er ist mit geringem Aufwand
zusammenlegbar und man kann ihn mit nur
einer Hand auch auf einem 15-Meter-Schiff über Bord
geben. Und seine Haltekraft ist legendär - wenn er sich eingegraben hat.
Und das ist der Haken an der Sache.
Mal zum
Grundsätzlichen. Wenn jemand von der Großen Fahrt über die Ozeane träumt,
macht er sich so ziemlich über alles Gedanken, nur nicht, das ist meine
Erfahrung nach vielen Jahren, über das Ankergeschirr. Ganz typisch ist hierbei
die lesenswerte (und wahre) Geschichte von Thomas, der jahrelang seine
Zukunft auf dem Wasser bis ins Kleinste geplant hatte, nur das Ankergeschirr
auf seiner fast 13 Meter langen 41
Fuß Dufour Sortilege war hierbei zu kurz gekommen.
Schließlich hatte er ja eine starke
mechanische Ankerwinsch, die mit jeder
Situation schon fertig werden würde. Wie er sich dabei geirrt hatte,
schildert er im
Ankertest. Fast immer
wird bei der Planung und dann auch beim Schiffskauf übersehen, dass der
zukünftige Weltumsegler zwei- bis dreimal soviel Zeit vor Anker (und zwar
nicht nur auf "todsicheren" Plätzen) wie unter Segeln zubringen wird. Der
Auswahl des Ankergeschirrs sollte man also mindestens genau so viel
Aufmerksamkeit schenken als der Wahl der richtigen Segel etc. So habe ich
gerade in einem Törnbericht der airisha über ein Ankermanöver an
einer Südseeinsel ohne Hafen gelesen: "Der Anker hält auf 18,50 Meter und
wir haben 80 Meter Kette gesteckt." Ist Ihre Yacht danach ausgerüstet?
Nach
meiner Erfahrung, die sich nicht viel von der der meisten Weltumsegler
unterscheidet, besteht die
Mindest-Anker-Ausrüstung für Langfahrt aus drei Ankern: Dem Hauptanker,
dem ausbringbaren Zweitanker und einem
Verwarpanker. Da im Laufe einer
Langfahrt einer verloren gehen kann, was gar
nicht mal so selten vorkommt, wenn er sich in den Felsen oder Korallen im trüben,
vielleicht noch haifisch-oder krokodil-verseuchten Wasser verfangen hat
und nicht mit allen Tricks rauszusegeln ist, gehört eigentlich noch ein
Reserveanker dazu. Es gibt Weltumsegler, die als
Minimum fünf Anker vorsehen - weiteres hierzu finden Sie in meinem
Buch ANKERN, das Besucher dieser Webseite in Form einer PDF-Datei zur Zeit
geschenkt bekommen (wie Sie an das Buch rankommen, erfahren Sie
hier!).
Zurück
zum Fortress. Was viele als seinen Hauptvorteil ansehen, nämlich das im
Vergleich zu anderen Ankertypen geradezu lächerliche Gewicht, ist auch sein
Hauptnachteil. Denn die Fähigkeit zum Eingraben - und erst dann kann er,
logisch, seine Haltekraft ausspielen - hängt von der Schärfe seiner Flunken
und von seinem Gewicht ab. Der Fortress-Anker wiegt aber, vor allem im
Wasser praktisch so gut wir gar nichts. Auf einem mit dichtem
Seegras überzogenen Ankerplatz wird man den
Fortresss wahrscheinlich nicht zum Eingraben bringen. Er wäre dort nutzlos.
Andere (schwere) Anker sind da wesentlich effektiver. Die
üblichen Hauptanker (Bügelanker; CQR, Spade etc) sind universeller
einsetzbar und damit als Hauptanker besser geeignet - siehe auch Seite 48 in
meinem Buch ANKERN.
Allzeit gute Fahrt!
Bobby